Editorial - Unser Monat Juni im Steuerrecht
01.06.2016
Auf Grundlage der delegierten Verordnung EU 2015/2446 sowie der Durchführungsverordnung EU 2015/2447, welche jeweils am 29. Dezember 2015 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurden, findet seit dem 1. Mai 2016 der sog. Unionszollkodex (UZK) nunmehr vollumfänglich Anwendung.
Im Zuge dessen wurden zahlreiche, für international agierende Unternehmen praxisrelevante materiell- und verfahrensrechtliche Rechtsänderungen vorgenommen. So wird nicht zuletzt zwar auch weiterhin der zoll- rechtliche Wert unter Bezugnahme auf den tatsächlich gezahlten Preis bestimmt (sog. Transaktions- preismethode); jedoch entfällt fortan die Möglichkeit zur Anwendung der sog. Vorerwerberpreis-Regelung zur Bestimmung der Höhe der Zollschuld ersatzlos. Zuvor bestand nach Art. 29 ZK i.V. mit Art. 147 Abs. 1 ZK-DVO a.F. die Möglichkeit aus einer Kette von Verkäufen einen beliebigen Preis zur Bestimmung des zollrechtlichen Wertes heranzuziehen, sofern es sich bei diesen um Verkäufe zur Ausfuhr in die EU handelte. Diese Regelung eröffnete insbesondere für Konzerngesellschaften häufig zollrechtliche Gestaltungsoptionen, da hier die verschiedenen Kaufpreise der konzerninternen Verkaufsprozesse ohne Weiteres bekannt waren. Nach Art. 128 Abs. 1 UZK-IA n.F. ist der Zollwert ausschließlich unter Heranziehung desjenigen Verkaufspreises zu bestimmen, der unmittelbar vor dem Verbringen der Ware in die EU erzielt wurde. Eine im Ergebnis höhere Zollbelastung ist die unausweichliche Folge.
Des Weiteren wird mit dem vollumfänglichen Inkrafttreten des UZK der Rechtsstatus des sog. zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten („Authorized Economic Operator“) weiter aufgewertet. So werden diverse zollrechtliche Erleichterungen nur noch Antragstellern mit bereits bewilligtem AEO-Status gewährt; dies gilt u.a. für die Möglichkeit der Befreiung von der Gestellungsverpflichtung nach Art. 182 Abs. 3 Buchst. a UZK. Zuvor konnten derartige Erleichterungen durch die Zollverwaltung auch Antragstellern ohne den Status eines zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten gewährt werden. Zugleich werden die Voraussetzungen für die Anerkennung als AEO u.a. dahingehend erweitert, dass nach Art. 39 Buchst. a UZK n.F. der Antragsteller keine „schwerwiegenden Verfehlungen gegen steuer- oder zollrechtliche Vorschriften“ begangen haben darf. Die alte Vorschrift setzte hingegen nur voraus, dass der Antragsteller in der Vergangenheit die „Zollvorschriften angemessen eingehalten“ hat (vgl. Art. 5a ZK a.F.). Somit hat in Zukunft auch die (aufgedeckte) Nichtbeachtung einer steuerrechtlichen Pflicht, welche –entgegen der bisherigen Regelung- in keinem Zusammenhang zum zollrechtlich relevanten außenwirtschaftlichen Warenverkehr steht, erhebliche zollrechtliche Auswirkungen.
Ferner hat die Europäische Kommission den Auftrag zur Entwicklung eines neuen zollbezogenen IT-Systems erhalten, um die papierlose Abwicklung zollrechtlicher Vorgänge weiter zu forcieren. Bis zur Inbetriebnahme dieser neuen IT-Systeme und jedenfalls bis zum 31. Dezember 2020 können nach Art. 278 UZK die bisherigen IT-Systeme jedoch weiterhin verwendet werden.
Dietmar Völker